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Mein Plädoyer die Piratenpartei zu wählen

Dass ich selbst Pirat bin, sollte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Hier möchte ich nochmals einen kurzen Abriss über meine persönlichen Motive mich politisch bei den Piraten zu engagieren, geben und erläutern, warum unser Einzug in den Bundestag, meiner Meinung nach, gut für die Bürger Deutschlands wäre.

Die Vergangenheit: Warum sanken die Umfragewerte?

Es ist Bewegung in die Parteienlandschaft gekommen. Seit die Piratenpartei seit 2011 zeigt, dass es ohne weiteres möglich ist, die verkrusteten Strukturen in der Politik aufzubrechen, haben einige neue Akteure die Bühne betreten. Zum einen ist dies ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass die Bürger dieses Landes beginnen mit dem Status Quo zu hadern. Andererseits öffnen sich so auch wieder Türen für Ideologien und Utopien, die Anfang bis Mitte des letzen Jahrhunderts zu millionenfachen Leid geführt haben. Langsam verlassen uns die letzen Augenzeugen dieser menschenverachtenden Ära und es ist erschreckend, wie schnell sich das damals vorherrschende Gedankengut in neuem Gewand wieder etabliert hat.

Die Piratenpartei mag im Augenblick noch ein chaotischer Haufen sein, dass will ich gar nicht leugnen. Chaos ist leider der Preis, den man zahlen muss, experimentiert man mit neuen Wegen in der Politik. Unglücklicherweise wurden wir von unserem Erfolg vor zwei Jahren derart überrannt, dass wir im Grunde keine Chance hatten dem ohne Kollateralschäden zu begegnen.

Auf einmal wimmelte es von Presse um uns herum und unsere Mitgliederzahl verdreifachte sich binnen kürzester Zeit. Viele Menschen projezierten ihre persönlichen Idealvorstellungen in uns, ohne sich vorher mit unserem Programm beschäftigt zu haben und begannen damit die Partei zu zerfasern. Keiner von uns war zu dieser Zeit ein Polit-Profi. Wir wollten etwas neues schaffen. Abgebrühte Profis wären fehl am Platz gewesen. In den Medien wurden wir eine Zeit lang so behandelt, als wären wir bereits im Bundestag vertreten und die Leute erwarteten binnen Monaten tiefgreifende Veränderungen durch uns. Dass wir dies nicht leisten konnten, leuchtet, glaube ich, jedem intelligenten Menschen ein.

Unsere Umfragewerte fielen ins Bodenlose und die Medien stürzten sich auf jeden Tweet und jeden Blogeintrag der auch nur ein wenig nach Skandal roch. So ist in der Öffentlichkeit das Bild von einem völlig orientierungslosen Mob entstanden.

Aber wir haben unsere Lektion gelernt. Es geht wieder vorwärts. Grundlegende Entscheidungen, die unserer Idealbild einer direkten Demokratie bereits innerhalb der Piratenpartei möglich machen, wurden getroffen und der alte Enthusiasmus kehrt zurück. Wir haben unsere „Depression“ überwunden.

Die Gegenwart: Was will die Piratenpartei?

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass wir nicht an einzelnen Gesetzen rütteln und hier und da etwas umverteilen wollen.
Die Piratenpartei rührt an den Grundprinzipien unseres politischen Systems.

Das bisherige System hatte, bedingt durch die technischen Einschränkungen seiner Zeit, durchaus seine Berechtigung. Der ungeheure Aufwand, der mit der Veranstaltung einer Wahl einhergeht, lässt sich nicht ohne weiteres für jede politische Frage rechtfertigen. Daher sind Parteien, die im Namen ihrer Wähler Entscheidungen treffen, die richtige Wahl solange es keine Möglichkeit gibt den Willen der Bürger in kürzester Zeit in Erfahrung zu bringen. Das war bisher der Fall. Durch die flächendeckende Verbreitung des Internets hat sich das aber grundlegend geändert. Es ist jetzt möglich. Daher böte eine direktere Form der Demokratie uns jetzt die Chance unmittelbar auf politische Fragen zu reagieren, die unser Leben betreffen.
Die Piratenpartei will eine direktere Form der Demokratie um die Bürger dieses Landes auch außerhalb von Wahlen in die politische Willensfindung einzubinden.

Bislang dringen wichtige Informationen nur zäh aus dem Regierungsapparat zu den Bürgern … und wenn sie es tun, sind sie in der Regel weder vernünftig aufbereitet noch automatisch auswertbar. Das führt dazu, dass sich die Bürger bei ihrer Meinungsfindung auf die Arbeit Dritter verlassen oder viele Stunden in Recherche investieren müssen, wofür die wenigsten die Zeit haben. Ein konstantes Gefühl der Hilflosigkeit angesichts eines undurchdringlichen Staatsapparates ist die Folge.
Die Piratenpartei möchte so viele Informationen wie möglich in maschinenlesbarer Form verfügbar machen und so eine nachprüfbare Information der Bürger sicherstellen. Viele Augen sehen mehr.

Das Schlimmste, was einer Gesellschaft passieren kann, ist Mutlosigkeit und Verzweiflung. Der Abstand zwischen dem wohlhabenden und dem armen Teil unserer Bevölkerung wird immer größer und die Mitte dünnt immer weiter aus. Das soziale Gefälle ist enorm und die Bevölkerungsschichten so undurchlässig wie kaum jemals zuvor. Persönliche Rückschläge haben zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nur den finanziellen Ruin, sondern auch gesellschaftliche Ächtung zur Folge. Dennoch erwartet unsere Gesellschaft von den Betroffenen, dass sich sich ganz allein wieder aufrichten, nachdem sie ausgiebig auf ihnen herumgetrampelt hat. Menschen funktionieren so nicht. Aus Gefühlen wie Scham und Wut, wie sie unser aktuelles System hervorruft, wird nichts Gutes entstehen.
Die Piratenpartei setzt sich für ein engmaschiges soziales Netz ein, dass allen ermöglicht nach persönlichen Rückschlägen wieder auf die Beine zu kommen. Es soll den Grundsätzen der Solidarität und des Respekts folgen und den Betroffenen nicht nur materiell, sondern auch emotional den Schutz gewähren, den sie brauchen um sich eine Zukunft aufzubauen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen, eine Reform der Lohnsteuer und des Gesundheitssystems sind mögliche Ansätze.

Unsere Kinder und deren Ausbildung halten unsere Gesellschaft am Leben. Es gibt nichts Wichtiges als die Sicherung unserer Zukunft. Aktuell haben wir aber ein 2-Klassen-System in der Bildung. Die staatlichen Schulen sind personell, wie materiell überfordert und somit profitieren die Kinder der Eltern, die sich teuere Nachhilfe leisten können. Engagierte Lehrer werden innerhalb kürzester Zeit mit überfüllten Klassen und kürzeren Schulzeiten ausgebrannt. Darüber hinaus müssen sie sich auch noch Gedanken darüber machen, ob sie ihren Schülern eine Seite aus einem Buch kopieren oder ein Diagramm an die Wand projizieren dürfen. An den Universitäten sieht es nicht anders aus. Studenten aus reichem Elternhaus können sich voll und ganz auf ihr Studium konzentrieren, während sich diejenigen aus ärmeren Haushalten mit Aushilfsjobs über Wasser halten müssen und nicht ausreichend Zeit auf das Lernen verwenden können.
Die Piratenpartei setzt sich für freie Bildungsressourcen ein, die ohne Einschränkung vervielfältigt und angepasst werden können. Es muss mehr Geld für Personal im Bildungssektor zur Verfügung gestellt werden. Lehrer müssen entlastet werden um eine hohe Qualität des Unterrichts sicherzustellen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde jedem ermöglichen dem Ausbildungsweg konzentriert zu folgen, den er oder sie anstrebt.

Einigkeit und Recht und Freiheit heißt es in unserer Nationalhymne. Freiheit ist die wichtigste Errungenschaft der modernen Demokratie überhaupt. Die ist das Recht, dem Lebensweg zu folgen, den man selbst für den besten hält. Unabhängig von Geschlecht, Religion, Herkunft, sozialer Schicht oder sexueller Orientierung. Auch mehr als sechzig Jahre nach Gründung unserer Republik versuchen die konservativen Kräfte in diesem Land immer noch, ihre jeweilige Auffassung vom „richtigen“ Lebensweg allen anderen aufzuzwingen. Dieser Einstellung wohnt eine Arroganz inne, die mir immer noch die Kehle zuschnürt. Menschen sind nun einmal unterschiedlich. In einer echten Demokratie akzeptiert man das und schafft Gesetze, die allen die gleichen Rechte zubilligen. Dennoch sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe immer noch nicht gleichgestellt. Trotzdem sammelt der Staat für die großen Kirchen Steuern ein und lässt zu, dass diese Kinder in Schulen und Kindergärten indoktrinieren. Obwohl seit Jahrzehnten für die Gleichberechtigung gekämpft wird, müssen wir dieses Thema immer wieder und wieder erörtern.
Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, Religion zur reinen Privatsache zu machen. Derart motivierte politische Entscheidungen haben in einem modernen Staat nichts zu suchen. Die sexuelle Orientierung eines Menschen darf ihm oder ihr keine Nachteile im täglichen Leben verschaffen und die absolute Gleichberechtigung der Geschlechter vor dem Recht und in der Gesellschaft muss endlich eine Selbstverständlichkeit werden.

Wenn unsere Vergangenheit eins gezeigt hat, dann dass wir in der Gemeinschaft mehr erreichen als alleine. Das gilt im Kleinen, wie im Großen. Nach den großen Kriegen Anfang des letzen Jahrhunderts sollte man eigentlich annehmen, dass gerade wir Deutschen unsere Lektion gelernt hätten. Mit der Europäischen Union haben wir Europäer etwas geschaffen, dass in der Geschichte seines Gleichen sucht. Niemals zuvor haben sich so viele, in der Vergangenheit bis aufs Blut verfeindete Länder, die Hand in Freundschaft gereicht und sind binnen so kurzer Zeit zu etwas zusammengewachsen, dass so viel Größer ist, als die Summe seiner Teile. Europa hat ein Signal an die Welt gesandt. „Seht her, wir waren Feinde. Aber unsere Kinder werden in Freundschaft und Frieden aufwachsen. Was wir können, dass könnt ihr auch!“ Wenn es zur Zeit einen Ort auf der Welt gibt von dem die Einheit unseres Planeten seinen Anfang nehmen kann, dann ist es hier. Dennoch keimen wieder Gruppierungen auf die diese für unser aller Zukunft essenzielle Entwicklung aufhalten und umkehren wollen. Das darf nicht geschehen.
Die Piratenpartei gibt es nicht nur in Deutschland. Vor kurzem haben 15 europäische Piratenparteien eine enge Zusammenarbeit auf den Weg gebracht. Die Grundidee der Piraten hat auch zu Parteigründungen außerhalb von Europa geführt. Diese Idee eint uns.

Die Zukunft: Warum man die Piratenpartei wählen sollte …

Zeiten ändern sich, Werte ändern sich, Menschen ändern sich … die Suche nach Konstanten im Bezug auf das menschliche Miteinander ist von vorn herein zum scheitern verurteilt. Also ist die einzig sinnvolle Option ein flexibles System zu schaffen, dass auf die unvermeidlichen Veränderungen schnell reagieren kann. Genau das möchte die Piratenpartei.

Bevor ihr zur Wahl geht stellt euch die Frage in was für einer Welt ihr leben möchtet und welche Welt ihr euren Kindern hinterlassen wollt. Soll sie ein Geschenk oder eine Bürde sein?

Folgt ihr dem etablierten System mag es sein, dass ihr noch einige wenige Jahre im gewohnten Komfort leben könnt. Wenn wir aber nicht ein paar grundlegende Veränderungen vornehmen, die zugegebenermaßen am Anfang unangenehm sein können, werden wir schon bald vor den Scherben unserer eigenen Arroganz und Lethargie stehen. Auf dieser Welt hat ein Wandel eingesetzt der nicht mehr aufzuhalten ist. Eine Grenze nach der anderen fällt und jeder Tag hält eine neue Herausforderung für uns bereit. Die Wahl zwischen dem etablieren System und der Piratenpartei – das mag nach Hybris klingen, entspricht aber meiner Erfahrung nach den Tatsachen – ist die Wahl entweder, den Kopf in den Sand zu stecken und an Prinzipien festzuhalten, die den neuen Anforderungen nicht standhalten werden oder sich mutig dem Neuen zu stellen und mit offenen Augen in die Zukunft zu gehen.

Erklärung: Normalerweise verlinke ich die Belege zu meinen Aussagen detailliert. Leider stehe ich im Augenblick etwas unter Zeitdruck, werde das aber nachholen. Sobald ich alle Links, hoffentlich noch am Wochenende nachgetragen habe, gebe ich auf den bekannten Kanälen laut. Bis dahin bitte ich um etwas Nachsicht. Danke 🙂

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