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Patentwahnsinn

Publiziert am von Tobias Opitz

Langsam aber sicher fange ich an mir Sorgen darüber zu machen, ob ich mich morgen in der Öffentlichkeit noch an der Nase kratzen darf. Wahrscheinlich habe ich dann umgehend eine Klage am Hals, weil sich ein großes Unternehmen diese Geste schützen ließ.

Klingt absurd. Finde ich auch. Fakt ist aber, dass sich auf dem Smartphone-Markt im Augenblick ähnlich bizarre Szenarien abspielen. Beispielsweise wurde gerade festgestellt, dass Motorola Apples Patent auf die „Slide-to-unlock“-Geste verletzt hat, weil sich die Bildschirmsperre an Motorola-Telefonen auf eine ähnliche Art aufheben lässt. Solcher Unfug begleitet uns nun schon seit ca. fünf Jahren. Den fünf Jahren, in denen Apple den Smartphone-Markt quasi geschaffen hat.

Seit Android die Bildfläche betrat streiten sich die Hersteller um Marktanteile. Das ist eigentlich auch genau das, was sie tun sollten. Allerdings funktioniert das Konzept des Wettbewerbs so nicht. Wettbewerb bedeutet, die eignen Produkte kontinuierlich weiter zu entwickeln und mit neuen Idee die Mitbewerber zu übertreffen, im Kleinen wie im Großen die bestmögliche Leistung abzuliefern und dafür dann fair bezahlt zu werden.
Zu Zeit bedeutet Wettbewerb aber eher, sich jeden Kleinkram patentieren zu lassen und Portfolios als Waffen aufzubauen, die man gegen seine Konkurrenten abfeuern kann, sobald es jemand geschafft hat, aus einer diffusen Idee ein sinnvolles Produkt zu machen.
Das Ergebnis des Ganzen ist mit Sicherheit keine sinnvolle Weiterentwicklung einer Produktlandschaft in der gegenseitige Inspiration Dinge hervorbringt, die nicht nur den Kunden nutzen und den Unternehmen Geld einbringen, sondern auch das Potential bergen, uns als Gesellschaft weiter zu bringen.

Die aktuelle Situation ist aber nur zum Teil die Schuld der beteiligten Unternehmen. Den, meiner Meinung nach, wesentlich größeren Teil der Schuld trägt die Politik. Deren Aufgabe ist es nämlich, einen Rahmen zu schaffen, in dem die Wirtschaft auf einer produktiven Basis wachsen kann.

Daher hier mein (laienhafter) Vorschlag zur Lösung des Problems:

  • Nichts, was sich nicht als Ingenieurs- oder Forschungsleistung definieren lässt, sollte sich nach den klassischen Regeln patentieren lassen. (Bedienkonzepte und Designstudien sind weder das eine noch das andere.)
  • Ein innovatives Bedienkonzept sollte demjenigen, der es erdacht hat dennoch einige Zeit exklusiv zur Verfügung stehen, damit er seinen Vorteil auch nutzen kann. Mein Vorschlag wären zwei Jahre.
  • Um sicherzugehen, dass der Entwickler des Bedienkonzeptes nach Ablauf der 2 Jahre nicht übervorteilt wird, sollte ihm eine pauschale Vergütung in vernünftigem Rahmen (wenige Cent) pro Einsatz des Konzeptes für die nächsten fünf Jahre zustehen. Diese Vergütung sollte für alle Lizenznehmer gleich sein und das Konzept sollte jedem uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
    Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine Verletzung dieses Rechts, durch vorenthalten der Vergütung, nicht dazu führen darf, dass Produkte von Markt genommen werden müssen. Der Schuldige muss dann lediglich die Lizenzgebühren und ggf. (falls böswillig gehandelt wurde) eine Strafe.
  • Danach, also nach insgesamt sieben Jahren, sollte ein Konzept als „gemeinfrei“ gelten und damit von jedem, ohne weitere Kosten oder das Repressalien gefürchtet werden müssen, eingesetzt werden können.

So stelle ich mir eine faire Regelung vor. Da ich kein Patentanwalt bin und mich auch sonst nicht umfassend mit dem Patentrecht auskenne, weiß ich nicht, wie nahe die aktuellen Gesetze meinem Vorschlag kommen. Mir erscheint es im Augenblick einfach so, dass Trivialitäten den gleichen Stellenwert haben, wie z.B. das Patent auf einen Reaktortyp oder ein Produktionsverfahren.

Es fehlt mir einfach die Verhältnismäßigkeit.

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